Produkttypen

Mit dem Erwerb einer Immobilie bauen Wohneigentümer Eigenkapital auf, das in der Immobilie gebunden ist. Weil dieses Kapital immobil ist, kann der Eigenheimbesitzer darüber nicht ohne Weiteres verfügen. Er muss zwar keine Miete bezahlen und hat damit eine wertvolle monatliche Ersparnis. Er kann aber nicht einfach einen Teil seines Eigenheimes verkaufen, wie dies bspw. bei einem Aktiendepot der Fall ist. Daher kann sich ein Wohneigentümer als wohlhabend bezeichnen, sofern er aber keine weiteren finanziellen Mittel oder Vermögenswerte besitzt (bspw. Sparbücher, Termingelder o.ä.), kann er möglicherweise bestimmte Ausgaben nicht tätigen. Der Großteil seines Vermögens ist in der Immobilie gebunden und damit illiquide, d.h. "nicht flüssig".

Wenn er sich einem dringenden Geldbedarf ausgesetzt sieht, bspw. eine teure Reparatur am Haus, eine Operation oder die Einstellung einer häuslichen Pflegekraft, steht er vor einer sehr schwierigen Entscheidung: die Immobilie verkaufen oder die Ausgabe unterlassen. Lässt sich die Ausgabe nicht aufschieben, bleibt ihm u.U. nicht einmal diese Alternative (möglicherweise können aber die Kinder oder Enkel mit Geld aushelfen). Zudem muss die Person das Eigenheim aufgeben und kann nicht mehr darin wohnen.

Warum nicht einen herkömmlichen Immobilienkredit aufnehmen? Banken vergeben nur selten Kredite an Personen im Ruhestand. Zwar bildet die Immobilie eine ausreichende Sicherheit, aber eine Bank ist nicht an der Immobilie interessiert, sondern an der Rückzahlung des Kredits. Wenn ältere Menschen im Ruhestand einen Geldbedarf haben, woher sollen sie dann das Geld nehmen, um monatlich die Raten für Zinsen und Tilgung leisten zu können?

 

Für wen eignet sich der Verzehr von Immobilienkapital?

Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, dass der Immobilienverzehr immer häufiger als Möglichkeit wahrgenommen wird, den eigenen Lebenstandard zu erhöhen und um das Leben im Alter angenehmer zu gestalten. Ursprünglich galten die ersten standardisierten Produkte als Notlösungen für Menschen in finanziellen Notlagen. Oft wurden diese Personen auch als "asset rich - cash poor" bezeichnet, da sie zwar wertvolles Immobilienkapital, aber nicht genug "flüssige" Vermögenswerte besitzen.

Ältere Menschen, die keine Erben haben (und dies ist bspw. in Deutschland immer häufiger der Fall) oder deren Hinterbliebenen ausreichend finanziell versorgt sind, können vom Immobilienverzehr profitieren. Was passiert mit der Immobilie nach ihrem Tod? Sie fällt ggf. Hinterbliebenen zu, die auf diese Vermögenswerte gar nicht angewiesen sind oder fällt im schlimmsten Fällen dem Staat zu.

Auch gibt es Grenzhaushalte, die während ihrer Erwerbsphase jeden Cent für den Hausbau benötigt haben - und damit verblieben nur geringe Mittel , um eine kleine Altersvorsorge aufbauen zu können. Diese Personen träumen vielleicht von einer Reise oder hätten gerne ein neues Auto, um Ausflüge unternehmen zu können.

Mögliche Motive zur Nutzung von Immobilienvezehrprodukten:

  • Reparaturen am Haus, bspw. um ein altersgerechtes Wohnen zu ermöglichen bzw. zu sichern
  • Anschaffung von teuren Gebrauchsgütern, bspw. eines Autos
  • Realisieren größerer Wünsche, bspw. einer Reise, eines Wohnwagens  oder eines Schrebergärtchens
  • Geldgeschenke an Kinder und Enkelkinder, um bereits zu Lebzeiten erleben zu können, was mit dem "Erbe" geschieht
  • Unterstützung der Enkelkinder im Studium, insbesondere aufgrund der Studiengebühren
  • Bezahlen einer Pflegekraft oder Haushaltshilfe
  • Tilgung einer Resthypothek auf das Eigenheim
  • Finanzielle Überbrückung des Vorruhestands
  • Aufbesserung einer Witwen- bzw. Witwerrente
  • ...

Ganz entscheidend ist: es gibt Produktlösungen, bei denen man nicht vor der Wahl steht, das gesamte Immobilienkapital verzehren zu müssen. Moderne Lösungen bieten Garantien, dass auf jeden Fall ein Teil des Kapitals vererbt werden kann. Statistiken über die Nutzer entsprechender Produkte im Ausland zeigen, dass sehr viele Kunden eher kleinere Geldbeträge benötigen und eher selten sehr viel Geld nachfragen.


Was passiert beim Immobilienverzehr?

Beim Immobilienverzehr beschafft sich der Woheneigentümer neue finanzielle Mittel, ohne dabei das Wohnrecht in seinem Eigenheim aufzugeben. In der Regel kann er die Immobilie bis zu seinem Tod bewohnen - eine vorzeitiger Auszug sollte nur freiwillig erfolgen, bspw. wenn ein Umzug in eine Seniorenresidenz gewünscht ist. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Grundtypen von Immobilienverzehrprodukten: Die einen basieren auf einem Verkauf der Immobilie, wobei gleichtzeitig ein Mietrecht vereinbart wird. Bei den anderen handelt es sich um Kreditgeschäfte, bei denen die Immobilie als Sicherheit dient - als Eigentümer des Eigenheims besitzt der Kunden natürlich weiterhin das volle Wohnrecht.

Gegenüber einem Verkauf des Eigenheims ermöglichen Immobilienverzehrprodukte damit zweierlei. Sie gewähren (neue) finanzielle Spielräume und das weitere Bewohnen des Eigenheims.

 

Welche Möglichkeiten gibt es derzeit in Deutschland ? 

Das BGB erwähnt den Verkauf einer Immobilie gegen eine Leibrente. Dabei verkauft der Wohneigentümer seine Immobilie (in der Regel an eine andere Privatperson) und erhält im Gegenzug ein Wohnrecht sowie eine Leibrente. Beide Parteien können die Modalitäten frei aushandeln, weshalb das Wohnrecht auch zeitlich begrenzt sein kann. Weil das Wohnrecht einen Wert darstellt (er entspricht den gesparten Mieten), ist der Verkaufspreis niedriger als wenn die Immobilie ohne ein Wohnrecht verkauft würde. Leibrenten sind jedoch kaum verbreitet, da es aufwendig ist eine Gegenpartei zu finden.

Kreditbasierte Immobilienverzehrprodukte gibt es in Deutschland seit dem Frühjahr 2009. Zumindest geben die Internetseiten der beiden Spezialisten Immokasse und Deutsche Grundstücksrente über Produktangebote Auskunft. Auswertungen, ob bereits Abschlüsse verzeichnet werden konnten, liegen nicht vor. Auch gibt es kaum Informationen zu den Eckdaten der Produkte (bspw. Verzinsung, Auszahlungsgröße).

Es ist davon auszugehen, dass sich der Markt weiter beleben wird. Im Dezember 2008 hat der Verband öffentlicher Banken (VÖB) ein Konzept für eine Reverse Mortgage vorgestellt, das verschiedene Förderbanken umsetzen wollen. Die Investitionsbank Schleswig-Holstein kündigte bereits 2008 an, im Jahr 2009 ein Produkt anbieten zu wollen. Die NRW.BANK hat derweil mit einem durch verschiedene Banken besetzen Gutachterkreis eine Machbarkeitsstudie für ein Förderprodukt "Immobilienrente NRW" erarbietet, deren Ergebnisse noch 2009 zu einem Produktangebot führen könnten.

 

Welche anderen Instrumente sind denkar?

International sind zwei Produkte üblich: die Reverse bzw. Lifetime Mortgage und die Home Reversion. Allerdings ist die Bedeutung der Lifetime Mortgage deutlich höher, während es die Home Reversion praktisch nur in Großbritannien gibt. 

Die Home Reversion ist der Leibrente sehr ähnlich, man kann sie auch als institutionalisierte Leibrente bezeichnen. Als Käufer der Immobilie tritt keine Privatperson auf, sondern eine Bank oder ein anderes Finanzinstitut. Dadurch können interessierte Verkäufer viel leichter einen Käufer finden. Problematisch ist jedoch - wie auch bei der Leibrente -, dass der Kunde bei einem sehr frühen Tod nur einen sehr geringen Kaufpreis erhalten hat. Außerdem kommen als Anbieter eines solchen Anbieters in erster Linie Spezialisten in Frage, die sich mit Immobilien auskennen und diese auch bewirtschaften können.

Die Reverse/ Lifetime Mortgage basiert nicht auf einen Verkauf des Eigenheims, der Kunde bleibt Eigentümer mit allen Rechten und Pflichten. Stattdessen nimmt er einen Kredit auf, für den die Immobilie als Sicherheit dient. Das Besondere daran ist: der Kunde leistet keine (!) laufenden Zins- und Tilgungszahlungen. Der Kreditbetrag inkl. aller aufgelaufenen Zinsen wird erst bei Tod fälli. Dies klingt zunächst befremdlich, ermöglicht aber ein lebenslanges Wohnen im Eigenheim und vermeidet eine Rückzahlung des Kredits zu Lebzeiten. Verstirbt der Kunde, will der Anbieter das geliehene Geld zurück: können oder wollen die Hinterbliebenen den Kredit nicht übenehmen, kann die Immobilie verkauft  und der Anbieter daraus bezahlt werden. Verbleibt ein Restwert, fällt dieser den Hinterbliebenen zu.

Der Begriff Reverse bzw. Reversion deutet bei beiden Produkttypen an die Umkehrung der herkömmlichen Prozesse an. Durch diese Umkehrung kann der Kunde allerdings das Immobilienkapital ganz oder auch nur teilweise verzehren. Insbesondere die Reverse/ Lifetime Mortgage ermöglicht bereits den Verzehr kleinerer Kapitalanteile.

 

Wie genau Lifetime Mortgages funktionieren, können Sie im entsprechenden Unterpunkt auf dieser Seite nachlesen.

 

 

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